– von Katharina Meissl

“Wenn der Werfer bereit ist, macht der Cutter eine Richtungsänderung. Der Werfer verlagert mit einem Fake seinen Marker und wirft. Dann macht der nächste Spieler ein Folgeangebot.” 

Wenn ihr das lest, was stellt ihr euch dabei vor? Spielen diese Personen in einem Open-, einem Mixed-, oder einem Frauen-Team? Seht ihr Personen eines bestimmten Geschlechts vor euch oder unterschiedliche? Zu Fragen über diese Wahrnehmungen gibt es einiges an Untersuchungen, in denen folgendes festgestellt wurde: wenn kein expliziter Hinweis gegeben wird, stellen sich die meisten Menschen beim sogenannten “generischen Maskulin” ausschließlich Männer vor. Diese Form, also die Verwendung der männlichen Form für Personen aller Geschlechter, ist also weniger allgemeingültig als es ihr vielleicht nachgesagt wird. 

Und warum ist das relevant? 

Sprache und die Art und Weise, wie wir die Welt wahrnehmen, beeinflussen einander ständig gegenseitig. Etwas, was wir sprachlich nicht fassen können, können wir uns in der Regel nur schwer vorstellen. In manchen Sprachen gibt es Wörter, deren Bedeutung in anderen Sprachen nur umständlich umschrieben werden kann. Zum Beispiel, wenn man versucht “Wanderlust” auf Englisch zu übersetzen, oder “hyggelig” aus dem Dänischen ins Deutsche. Wenn wir wissen, wie wir eine Sache benennen können, fällt es uns leichter, sie uns vorzustellen. Sie rückt also schneller in unsere mentale Repräsentation der Welt. Das trifft auch dann zu, wenn es um unsere Wahrnehmung von Geschlecht geht. 

Dass wir gewisse Eigenschaften, Charakterzüge oder auch Berufssparten mit Männern oder Frauen assoziieren, ist von vielen Faktoren in unserer Gesellschaft geprägt. Einer davon ist Sprache. Die Linguist*innen Martin Reisigl und Constanze Spieß haben 2017 einen Sammelband zu Sprache und Geschlecht herausgegeben, in dem sie schreiben: “Mit Sprache werden Geschlechterverhältnisse etabliert, repräsentiert, gerechtfertigt und reproduziert, aber auch in Frage gestellt, kritisiert, bekämpft, destruiert, dekonstruiert, veruneindeutigt und vieles mehr.” 

Wie über Personen und Gruppen gesprochen, gebärdet oder geschrieben wird beeinflusst unsere Vorstellung von diesen Menschen sehr. Doch nicht nur die Frage wie, sondern auch ob Personen überhaupt sprachlich abgebildet werden, ist relevant. Und hier will ich auch die Brücke zum Sport schlagen: 

Sichtbarkeit von Frauen* im Sport

Sport ist immer noch ein männlich dominiertes Feld. Das war bestimmt schon mal extremer, ist aber noch lange nicht ausgeglichen. Die Assoziation von Eigenschaften wie Stärke, Athletik, Schnelligkeit sind in vielen Köpfen immer noch sehr stark mit Männlichkeit verknüpft. Das liegt zu einem bedeutenden Teil sicher auch daran, dass Frauen* im Sport, aber auch allgemein, wesentlich weniger mediale Aufmerksamkeit erhalten. Eine Studie der österreichischen Arbeiterkammer von 2019 hat ergeben, dass in österreichischen Zeitungen die Bilder im Sportteil zu 98% Männer zeigen und nur zu 2% Frauen. Klar, Bilder sind noch keine ganzen Artikel, aber in wie vielen Sportteilen stehen Artikel über Frauen* im Sport? Über alle Themenbereiche der Berichterstattung zeigen nicht einmal ein Drittel aller Bilder Frauen. Von gleicher Sichtbarkeit und Repräsentation kann also keine Rede sein. Über die mediale Darstellung von Frauen* im Sport könnt ihr auch In Caroline Tissons Artikel bei Uplift lesen. 

Natürlich sind wir Ultimatespieler*innen und Trainer*innen keine Massenmedien. Aber über Sport berichten tun wir sehr wohl, wir bilden ihn ab und verkörpern ihn durch das, was wir machen. Hier können wir auch unseren Beitrag leisten, Frauen* sprachlich abzubilden: in Trainings, im Umgang mit unseren Teamkolleg*innen, im Schriftverkehr über Mail, Whatsapp oder sonstige Kanäle in unseren Vereinen.  Zur Umsetzbarkeit von gendersensibler Sprache gibt es eine breit geführte Diskussion. Ein paar häufige Kritikpunkte und Gegenargumente will ich euch in aller Kürze zusammenfassen.

Ansprache an das u17 Frauen-Nationalteam Österreich – mit Sprache Wirklichkeiten sichtbar machen, auch im Sport. Foto: Lorenz Schreier, Titelfoto: Cusb Bologna

Kritikpunkte am Gendern und Gegenargumente

“Es gibt wichtigere Probleme als Gendern”

Immer wieder kommt das Argument, dass andere Veränderungen am Weg zur Gleichstellung der Geschlechter viel wichtiger seien und dass so etwas “kleines” wie Sprache nicht der richtige Ansatzpunkt sei. Ohne Zweifel gibt es eine Vielzahl an Ansatzpunkten, die in allen möglichen Wirkungsbereichen in Angriff genommen werden können – und einer davon ist Sprachgebrauch. Und wenn wir uns überlegen, wie viel wir in unserer Welt über Sprache vermitteln und vermittelt bekommen, ist das gar kein so kleiner Teil.

“Die Sprache/Schrift darf nicht so krass verändert werden”

Sprache befindet sich seit jeher im Wandel, sie geht mit der Zeit und wird immer wieder “formal” in unterschiedlichen Aspekten angepasst. Dafür müssen wir nur mal auf die Entwicklung der Schrift in der deutschen Sprache schauen. Wer von uns kann wirklich gut Frakturschrift lesen, oder die Schreibschrift der eigenen Großeltern? Das hat sich alles ziemlich verändert. Rechtschreibreformen gabs auch schon, das hat einiges an Anpassung erfordert. Warum also Halt machen, bei einer Sache, die dazu beiträgt Menschen unterschiedlicher Geschlechter gleichermaßen zu repräsentieren? 

“Gendern ist umständlich”

Das hängt ganz stark damit zusammen, wie gegendert wird. Klar, Doppelnennungen wie “Athletinnen und Athleten” ziehen einen Satz in die Länge. Aber dafür sind Frauen und Männer gemeint. Formen wie Athlet*innen oder Werfer_innen erfordern erstmal ein bisschen Gewöhnung, da besteht kein Zweifel gleichzeitig inkludiert diese Formulierung auch nicht-binäre Personen. Aber das brauchen andere Dinge auch – wenn wir zum Beispiel unseren Eltern erklären, wie man “gegoogelt” schreibt. Oder gegooglet? Egal. Also ja, an manchen Stellen braucht es vielleicht einen Gedanken mehr dazu, wie wir etwas aussprechen oder aufschreiben. 

„In gesprochener Sprache ist Gendern nicht umsetzbar”

Das in die Länge ziehen von Sätzen durch Doppelnennungen ist auch hier ein Argument – lässt sich aber durchaus vermeiden. Formen wie das Gender-Sternchen, können in mündlicher Kommunikation einfach durch eine kurze Pause realisiert werden – also Athlet –minipause– innen. Und noch eine weitere Möglichkeit ist es, Formen zu wählen, die überhaupt nicht auf Geschlecht verweisen – mehr dazu in den Praxistipps. 

Worauf ich hinaus will: 

Wir können Frauen* im Ultimate sichtbar, hörbar machen und sie in den Vordergrund rücken. Gendersensibler Sprachgebrauch ist eine von vielen Möglichkeiten, das zu tun. Im Ultimate bieten sich uns viele Wege, Frauen* mehr Raum zu geben – einen davon hat Katharina Aschenbrenner in ihrem Artikel Durchhalten oder Dominieren beschrieben. Bilden wir Spielerinnen auch aktiv in unserer Sprache ab, ist ihre Rolle im Spiel und im Team naheliegender, greifbarer. Geben wir ihnen zusätzlich am Feld die Möglichkeit mit Vollgas zu spielen ohne sich schonen zu müssen, dann können sie mit der restlichen Energie ihre Stimme nutzen und eine Vorbildfunktion einnehmen. Wie wichtig das ist, könnt ihr auch im Artikel von Noémi Blome und Luka Faradsch über ihre Erfahrungen als Coaches bei Ultimate Peace lesen.

Gendersensible Sprache ist auch in mixed Teams ein großes Thema – damit sich jeder und jede angesprochen fühlt. Foto: thenerd.at

Hier noch ein paar Tipps für die Praxis: 

Wozu ich euch einladen will, ist ein kreativer, spielerischer Umgang mit Sprache, in dem ihr ausprobiert, wie ihr Personen unterschiedlicher Geschlechter abbilden könnt. Dabei gibt es unterschiedlichste Möglichkeiten: 

  • Doppelnennungen: Werferinnen und Werfer
  • Formen wie das Sternchen: Werfer*innen 
  • Statt Wörtern, die Geschlecht implizieren können, einfach mal eine alternative Formulierung wie: die Person an der Scheibe, die erste Person im Stack,… 
  • oder: die Werfenden, Laufenden, Spielenden,… 
  • Abwechseln unterschiedlicher Formen, mal so mal so – damit zeigt ihr Aufmerksamkeit für das Thema, müsst aber keinem strikten Muster jederzeit folgen 
  • in Divisionen statt Geschlechtern sprechen: Personen, die in der Open/Mixed/Womens-Division spielen

Es gibt sehr viele Möglichkeiten, keine davon ist “die” richtige. 

Für mehr Informationen zum Thema verlinke ich euch hier noch zwei sehr ausführliche Leitfäden: den der Uni Köln und den der AG Feministisch Sprachhandeln der Humboldt-Universität zu Berlin. Die bieten auch noch einiges an Hintergrundinfos zu Sprache und Geschlecht. 

Foto: thenerd.at

Katharina Meissl ist seit 10 Jahren aktive Ultimatespielerin mit kleineren und größeren Verletzungspausen. Seit 2013 Teil von (Jugend-)Nationalteams vertritt sie Österreichs Frauenteam seit 2019 auch als Kapitänin. Auf Clubebene ist sie bei Mantis (Ultimate Vienna) als Spielertrainerin mehrfache (Vize-)Staatsmeisterin. International kann sie auf einige EUCF-Teilnahmen und eine WUCC zurückblicken. Mit ihrem Heimteam Mosquitos (Klosterneuburg) spielt sie neben dem Fokus auf die Frauendivision auch noch Mixed und ist zudem als Vereinsfunktionärin und im Verband aktiv. Ab Herbst wird sie für die nächsten Jahre die belgische Frisbeeszene unsicher machen. Im echten Leben studiert sie Angewandte Linguistik und untersucht dabei unter anderem, wie Sprache und Gesellschaft aufeinander einwirken. 

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2 Kommentare

  1. Vielen Dank für diesen Artikel! Es tritt leider auch bei „guten“ Menschen viel zu häufig auf, dass aus Unachtsamkeit, Gewohnheit oder vermeintlichem Gruppenzwang sprachlich ausgegrenzt wird.
    Großartig, dass ihr alle euch dafür einsetzt das zu verbessern!

    1. Hallo Schöcki,

      danke für deinen Kommentar! Viele Dinge die unser Gegenüber mit Scham oder Unbehagen belasten sind nicht böse gemeint, deshalb finden wir es so wichtig zu sensibilisieren. Schön, dass du diese Gedanken nochmal aufgreifst.

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